Rituals of the World – Harbin Ice Festival
Ice, Ice, Baby!
Einen ganzen Wintermonat lang feiert die chinesische Stadt Harbin ihr Eisfestival. Und wenn es kalt bleibt, auch noch länger.

Richtig warm wird es in der Mandschurei nie. Immerhin: Im Sommer liegt die Durchschnittstemperatur in der Stadt Harbin bei gut 20 Grad Celsius. Im Winter jedoch bei Gefrierschrank-tauglichen minus 17 Grad. Und es kann mit bis zu -40 Grad noch viel kälter werden, wenn der eisige Nordwind aus Sibirien weht. Die Einwohner der Stadt, welche im Nordosten des Landes liegt, aber haben sich ausgerechnet den frostigsten Monat, den Januar ausgesucht, um gemeinsam ein großes Fest zu feiern. Draußen, versteht sich.

Faszination Eis – bei -40 Grad
Mit großen Sägen wird das Eis des meterdick zugefrorenen Flusses Songhua in Blöcke zerteilt. Weit über 10.000 Arbeiter meißeln, hämmern und schnitzen daraus riesige Skulpturen, die in der ganzen Stadt ausgestellt werden. Oder sie türmen die Quader zu enormen, begehbaren Gebäuden auf. Dutzende Meter hoch stellen sie Sehenswürdigkeiten aus aller Welt nach. Eiskunst und -architektur schmücken die Stadt während der zur gleichen Zeit stattfindenden Alpinskiwettbewerbe. Nachts werden sie zur eindrucksvollen Kulisse der traditionellen Umzüge mit Eislaternen. Aus diesem Brauch hat sich das Harbin Ice and Snow Festival entwickelt.

Eine bunte Stadt aus Eis
Was tagsüber in edlem, dezentem Weiß strahlt, wird im Dunklen zum Farbrausch. Dann nämlich illuminieren leuchtend bunte LEDs Türme und Tempel, Brücken und Kathedralen aus Eis. Das ist mehr als opulent, vieles wirklich kitschig. Aber zugleich macht es der transluzente Schimmer zu einem einzigartigen, hypnotischen Erlebnis.
Wer das Spektakel gesehen hat, versteht, warum Harbin zu den ganz wenigen Städten gehört, deren Einwohner sich einen möglichst langen, möglichst harten Winter wünschen: damit die leuchtende Eiswelt möglichst lang erhalten bleibt. Und manchmal schmilzt sie erst im März. Die bedrohliche Kälte für ein Kunst-Event zu nutzen, sich am beißenden Frost zu freuen und in den längsten Nächten gemeinsam zu lustwandeln: Das ist ein Mut machendes Ritual, weil es nicht Notwendigkeiten folgt oder Sachzwängen. Sondern ihnen etwas entgegensetzt.

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